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Verkehrte Winde mit Kehrtwende rund um Kerteminde (9.1.2015)


Spannender hätte ein Törn nicht beginnen können. Kaum angekommen und die Kojen belegt, hieß es schon: „Bereit machen zum Ablegen. Wir fahren eine Regatta!“. Einer der bekanntesten Regatten vor der Küste Dänemarks ist und bleibt die Pisspott-Regatta. Bei Windstärke 5 war nahezu Trapezen angesagt. Nach vier Stunden Kampf und Schweiß freuten wir uns als blutige Anfänger über den fünften Platz in unserer Bootsklasse. Nur knapp am Pisspott vorbeigesegelt, konnten wir uns kaum vorstellen, was die Crew um Lennart, Lovis und Torsten die Woche noch so mit uns vorhatten.

 

 

Übelkeit sollte währenddessen aber nicht mehr aufkommen, das Anemometer zeigte die Tage nie mehr als 3 Beaufort an. So konnten alle bei schwacher Brise das Segeln genießen. Mit einem Zwischenstopp auf der Insel Samsø starteten wir voller Tatendrang Richtung Süden. Spitzengeschwindigkeiten von 7,2 Knoten waren bei dem hoch professionellen Zusammenspiel zwischen Crew und Mannschaft keine Seltenheit. Begleitet von Schweinswalen segelten wir bei Sonnenuntergang hoffnungsvoll in den Hafen von Kerteminde ein.

 

 

Der Plan stand fest: Wir sind motiviert und wollen um die viertgrößte Insel Dänemarks Fünen herumsegeln. Der Wind stand anfangs gut und der Ausblick auf die Storebælt-Brücke bestärkte uns in unserem Vorhaben. Rund 7 Seemeilen nördlich der Brücke ging wohl unser GPS-Gerät kaputt. Während der magnetische Kompass Richtung Süden zeigte, wechselte die Anzeige des GPS-Geräts sekündlich zwischen allen denkbaren Zahlen zwischen 0° und 360°. Lennarts Diagnose kam schnell: Wir stehen auf der Stelle. Trotz voller Segelfläche und Kurs halten, kamen wir der Durchfahrt unter der Brücke einfach nicht näher. Die Strömungskarten gaben uns trotzdem ein Fünkchen Hoffnung, näher am Festland solle sie uns Richtung Brücke tragen… Fehlanzeige. Nach sechs Stunden Beiliegen entschieden wir uns gegen Mitternacht in unseren „Heimathafen“ Kerteminde zurückzukehren. Das Stillstehen bis dato animierte die Gruppe unzählige Witze rund um die Mytilus und ihre Geschwindigkeit zu machen. Unter Motor wurden die Segel geborgen und um 3.00 Uhr nachts fielen alle todmüde ins Bett.

Ausschlafen? Nicht mit uns. Wir wollen um Fünen herum! Zu mindestens war das noch der Plan, bis wir den Hafen verlassen haben. Die Windvorhersagen des Wetterdienstes wurden wohl in der Zentrale gewürfelt. Weder Windrichtung, noch Windstärke stimmten in irgendeiner Weise überein. Kerteminde wollte uns einfach nicht loslassen. So konnte es leider nicht weitergehen. Alle Anwesenden versammelten sich an Deck und kamen zum Entschluss, nördlich um Fünen herumzusegeln. Neues Ziel: Endelave. Mit „festgemachter Achterleine“ ging es dann ins offene Fahrwasser, wo wir endlich aus dem Windschutz der umliegenden Buchten herauskamen. Den angefahrenen Hafen als Nadelöhr zu bezeichnen, würde ihm noch sehr schmeicheln. Mit festgemachter Pinne, Hand in der Hosentasche und Sonnenbrille auf, führte uns Lennart rückwärts Zentimeter für Zentimeter sicher in den Hafen von Endelave. Tosender Applaus der Inselbewohner und Bootsbesitzer überkam uns. So ein Manöver haben dort wohl nur die Ältesten schon einmal erlebt.

 

 

Der letzte Abschnitt in Richtung unseres Zielhafens Kolding wurde von mehreren Funksprüchen und Warnsignalen mit dem Nebelhorn begleitet. Während Containerschiffe und andere Segelboote freundlich auf unsere Vorfahrt hingewiesen worden sind, lauschten wir ständig dem Funkgerät. Die finnische Marine funkte mehrere Frachter an, ob diese für ein Anti-Piraterie-Manöver zur Verfügung stehen wollen. Auch wenn die Mytilus dafür wohl etwas zu klein gewesen wäre, hätte bei uns wohl sicherlich keiner dieses Angebot ausgeschlagen. Unser Verhalten, Auftreten und unsere Segelfähigkeiten hätten das Szenario wohl so realistisch wie noch nie aussehen lassen.

 

 

Für diese unvergessliche Woche rund um Aarhus, Kerteminde, Kerteminde, Kerteminde, Endelave und Kolding bedankt sich der FSK der Evangelischen Jugendschaft Zugvogel aus Sandhausen!

 

Bericht+Fotos: Bombe